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Gitarristin Jinhee Kim, die von Slava Grigoryan als „a rising star in the classical music scene“ bezeichnet wurde, ist mit ihrer gefühlsbetont, kraftvollen und tiefen Musik ins Rampenlicht getreten. In letzter Zeit führte sie Konzerte auf, wie als Jüngste ein Solorecital beim Festival „Basel Plucks“, in einer Reihe mit international renommierten Künstlern, und Maurice Ohanas Gitarrenkonzert mit dem Basler Sinfonieorchester. Während ihres Studiums erhielt sie zahlreiche Preise bei internationalen Gitarrenwettbewerben, z.B. „Maurizio Biasini“ in Paris, „Ruggero Chiesa“ in Italien und dem „Pleven Guitar Festival“ in Bulgarien. Schon 2010 machte sie als Solistin der nächsten Generation auf sich aufmerksam, als sie den ersten Preis im Alter von achtzehn Jahren beim „Adelaide International Guitar Competition“ in Australien gewann.

Ihr Interesse an zeitgenössischer Musik führte sie zu Ensemble-Aktivitäten. Derzeit ist sie Mitglied des HOAX-Quartetts in Basel und des ÉRMA-Ensembles in Köln. Ihr Interpretationssinn für zeitgenössische Musik wurde bereits als exzellent bewertet. Aus Ihrer Liebe für Alte Musik hat sie in Korea bei Konzerten von „Alte Musik Seoul“ mitgewirkt. Weiterhin baute sie sich eine umfängliche Interpretation von Alte Musik auf, indem sie zwei Jahre lang an der Schola Cantorum Basiliensis bei Peter Croton im Minor Variantinstrument im historischen Kontext studierte.

Ihre musikalische Ausbildung beinhaltet sowohl eine künstlerische wie auch eine pädagogische Seite: Konzertexamen bei Prof. Michael Hampel an der Hochschule für Musik Freiburg, Master Performance und Master Pädagogik bei Prof. Pablo Márquez an der Hochschule für Musik Basel. Vor allem führte sie ihr Interesse an besseren Leistungen und der Lehre zum Weiterbildungsstudium Musikphysiologie an der Zürcher Hochschule der Künste, wo sie sich seit 2019 Wissen über funktionelle Anatomie und Hirnphysiologie im Zusammenhang mit dem Musizieren aneignet.

Jinhee Kim, geboren 1992 in Seoul, Korea, kam 2014 nach Europa mit der Liebe zur Musik und tritt im April 2021 ihre Professur an der Hochschule für Musik in Trossingen an.

Trossingen hat sich für Sie als neue Professorin für Gitarre entschieden, Sie sich für Trossingen. Was reizt Sie an der einzigen deutschen Musikhochschule im ländlichen Raum? Was erhoffen Sie sich hier, was erwarten Sie?

K Für mich sind die Vielfalt und Spannweite der Hochschule zwischen Alter Musik und Neuer Musikwelt sehr attraktiv. Das Motto „Trossingen steht für Tradition und Innovation“ gefällt mir sehr, weil das aussagt, dass die Studierenden hier einerseits traditionelle Werte lernen und sich andererseits mit diesen Werten in die Zukunft orientieren können. Wie wir alle mit der Corona-Situation schon erlebt haben, brauchen wir heutzutage nur wenige Mausklicke oder Bildschirmberühungen, um uns mit der ganzen Welt in Verbindung zu bringen. Je digitaler die Welt wird, desto weniger wichtig finde ich es, wo ich physisch bin. Wichtiger scheint mir, was ich mache, wie ich mich weiterentwickeln kann und dabei nach Qualität zu streben. Ich bin überzeugt, dass die Qualitäten der Trossinger Hochschule uns, Lehrende und Studierende, weiterbringen können.

Sie legen vergleichsweise früh Ihren Schwerpunkt auf die Lehre. Was reizt Sie an der Herausforderung, junge Menschen zu unterrichten.

K Ich habe schon früh bemerkt, dass mir die Arbeit mit jungen Musiker*innen Spaß macht und mich inspiriert. Es ist neben der Performance ein wesentliches Element, das mich in meiner Entwicklung als Musikerin weiterbringt. Ich sehe es daher als meine Aufgabe an, die jungen Studierenden zu unterstützen, ihren eigenen Weg als Künstler*innen zu finden. Wenn es mir gelingt ihnen zu neuen Fortschritten zu verhelfen, ist es mir auch persönlich eine große Freude. Im Unterricht möchte ich vor allem auch den Fokus darauf legen, dass die Studierende schmerzfrei ihre Leistung erhöhen können. Ich verstehe es nämlich, wie es ist, als Musiker*in unter Schmerzen und Unzufriedenheit zu leiden. Das musikphysiologische Wissen und die praktische Umsetzung desselben, haben mir persönlich viel geholfen und es ist mir wichtig, dies auch den Studierenden weiterzugeben.

Trossingen wagt mit dem Landeszentrum MUSIK-DESIGN-PERFORMANCE einen einzigartigen Schritt in die Zukunft. Die Integration und Mitwirkung aller ist ausdrücklich erwünscht. Wie möchten Sie sich ins Landeszentrum einbringen, was erwarten Sie?

K Ich stelle mir unter dem Landeszentrum einen geschützen Raum für die Studierenden vor, in dem sie sich ausprobieren und ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, um neue Ausdrucksmöglichkeiten für sich zu entdecken. Ich brauche zwar noch Zeit, in die laufenden Projekte reinzuschauen und mich zu inspirieren, aber ich wäre auf jeden Fall froh über Gelegenheiten, Gitarrenklassen in die Projekte zu integrieren. Ich hätte Interesse, eventuell mit aktuellen gesellschaftlichen Themen zu arbeiten, wie Gender-Themen oder Freiheit und Solidarität in der Pandemie, oder neue Technologien, wie K.I. oder V.R., in die Performances zu integrieren.

Diese Ausgabe von Plateau beleuchtet als Schwerpunktthema die Frage der Beurteilung künstlerischer Leistungen. Was ist für Sie gute Musik, welche Kriterien legen Sie an?

K Das ist eine große Frage, mit der ich mich lebenslang beschäftigen könnte und auch soll. Ich würde aber hier unterscheiden zwischen der Beurteilung künstlerischer Leistung und der Frage, was gute Musik ist. Für die Beurteilung künstlerischer Leistung ist es mir im Moment, jetzt im Februar 2021, besonders wichtig, dass ein*e Musiker*in es schafft, mit der Musik die Künstler*innenpersönlichkeit zum Ausdruck zu bringen. Ob jeder einzelne Ton „richtig oder falsch“ gespielt ist, spielt dann weniger eine Rolle. Es ist das Erlebnis als Gesamtpaket, das wichtig ist. Dafür sind einige Eigenschaften der Musiker*in sicher von Bedeutung: Selbstbestimmtheit, Deutlichkeit, einen eigenen roten Faden in der Programm- und Bühnengestaltung, gelungene Kommunikation durch Musik mit dem Publikum.